Ab welcher Temperatur ist es zu kalt für Schneefall?
Schneit es noch bei unter minus zehn Grad Celsius? Ab wann ist es zu kalt für Schnee? Warum liegt in der Antarktis so viel Schnee, wenn es doch bei tiefen Minusgraden angeblich nicht mehr schneit?
Diese Fragen werden in unzähligen Foren und Blogbeiträgen im Internet immer wieder heiß diskutiert. Obwohl die wissenschaftliche Antwort eindeutig ist, besteht offensichtlich Klärungsbedarf. Um eine verständliche, umfassende Antwort auf die Frage zu geben, haben wir viele verschiedene Quellen zu diesem Thema ausgewertet und zusammengefasst. Man kann eindeutig sagen: Es ist auf unserem Planeten Erde nie zu kalt für Schnee! Auch bei den tiefsten Minusgraden kann es noch schneien.
Tatsache ist aber auch, dass es in vielen Regionen sehr selten schneit, wenn es extrem kalt ist. Wie Temperatur und Schneefall zusammenhängen und was Deutschland von der Antarktis unterscheidet, beantworten wir im Folgenden. Starten wir mit der Frage, was überhaupt passieren muss, damit es schneit.
Wie entsteht Schnee? Was muss passieren, damit es schneit?
Aus Boden, Pflanzen und Gewässern verdunstet permanent Wasser. Je höher die Temparatur in bodennahen Luftschichten ist, desto mehr Wasser verdunstet. Der entstandene Wasserdampf steigt in höhere, immer kälter werdende Luftschichten auf. Dort kondensiert der Dampf an kleinsten Teilchen, so genannten Aerosolen. Das heißt, es bilden sich kleine Tröpfen. Beträgt die Temperatur in einer Luftschicht weniger als minus 20 Grad Celsius, gefrieren die Tröpfchen zu Eis.
Große und dichte Ansammlungen solcher Wassertröpfchen oder Eiskristalle sind für uns als Wolken sichtbar. Irgendwann sammelt sich so viel Wasser in einer Wolke an, dass es zu schwer wird und die Luft die Tröpfchen nicht mehr halten kann. (Das kennt jeder von uns… 😉 Die Wolke ist gesättigt und sie entlädt das Wasser in Form von Niederschlag.
Ob der Niederschlag nun als Regen oder Schnee bei uns ankommt, hängt von der Temperatur der Luftschichten unterhalb der Wolke ab. Ist die Luft dort zu warm, tauen die Eiskristalle auf ihrem Weg zur Erde auf und es gibt Regen. Es kann durchaus auch noch bei plus fünf bis sieben Grad Celsius schneien, wobei solche Niederschläge sich meist in Form von Schneeregen oder sehr feuchtem, matschigen Schnee zeigen.
Ist es kalt genug, bleiben die Eiskristalle gefroren und kommen als Schneefall bei uns an. Während des Falls haken sich immer mehr Eiskristalle ineinander und bilden gemeinsam die bekannten sechseckigen Schneekristalle, die unter dem Mikroskop wie fantastische Kunstwerke aussehen.
Viele Faktoren spielen also eine Rolle dabei, ob es schneit oder nicht. Grundvorraussetzung ist jedoch, dass genügend Wasser verdunstet und die „Wasserspeicher“ in den Wolken regelmäßig „aufgetankt“ werden. Die relativ warmen, feuchten Luftmassen müssen anschließend von kälteren Luftmassen abgekühlt werden.
Wie bereits gesagt verdunstet umso mehr Wasser, je wärmer es ist. Umgekehrt heißt das, je kälter es ist, desto weniger Wasser verdunstet und desto weniger Wasser kann wieder als Schneefall vom Himmel herunterkommen. Was bedeutet das für die Frage, ob es eine Temperatur gibt, die zu kalt für Schnee ist?
Warum ist es nie zu kalt für Schnee?
Je kälter die Luft, desto weniger Feuchtigkeit kann sie aufnehmen. Bei null Grad Celsius enthält ein Kubikmeter gesättigte Luft etwa 2,7 Gramm Wasser, bei minus 40 Grad Celsius sind es nur noch 0,07 Gramm, also etwa ein Vierzigstel der Menge am Gefrierpunkt. (Quelle) Bei so tiefen Temperaturen ist die Luft extrem trocken, fast die komplette Luftfeuchtigkeit ist auskondensiert: sie hat sich zum Beispiel als Eischicht abgelagert oder ist bereits anderswo als Niederschlag gefallen.
Die Voraussetzungen, dass Wasser verdunsten und als Wasserdampf Wolken bilden kann, sind bei eisigen Temperaturen also denkbar schlecht. Wir können feststellen: Je tiefer die Temperaturen fallen, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass es schneit.
Aber es kann eben trotzdem noch schneien, absolut zu kalt für Schnee ist es nicht. Eine gewisse Luftfeuchtigkeit ist immer vorhanden, wie kalt es auch sein mag. Deshalb ist prinzipiell immer die Möglichkeit gegeben, dass es schneit. Sogar in der Antarktis.
Warum liegt in der Antarktis so viel Schnee?
Wenn die Wahrscheinlichkeit von Schneefall bei Eiseskälte sinkt, warum liegt dann in der Antarktis so viel Schnee? Ist das nicht ein Widerspruch? Nein, ganz und gar nicht. In der Antarktis schneit es nämlich sehr, sehr selten.
Rein optisch haben Antarktis und Sahara nicht viel gemeinsam. Trotzdem sind beides, was das Klima betrifft, Wüsten. Die Antarktis ist eine so genannte Kältewüste. Dort fällt extrem wenig Niederschlag, jedes Jahr kommt nur eine hauchdünne Schicht Neuschnee hinzu.
Der Schnee fällt hauptsächlich in den milderen Küstengebieten am Rande. Dort verdunstet Meerwasser, das durch die Abkühlung in höheren Luftschichten als Schneefall wieder zu Erde zurückkehrt. 80% der Niederschläge entstehen auf diese Weise. Der restliche Schneefall entsteht durch Wasserdampf im Inland, der gar nicht erst in hohe Luftschichten aufsteigt sondern relativ schnell zu Eiskristallen kondensiert. (Quelle) (Den direkten Übergang von gasförmigem Wasserdampf zu festem Eis nennt man Sublimation.)
Dass die Antarktis so viel Schnee hat, liegt ganz einfach daran, dass der vorhandene Schnee wegen des permanenten Frosts nie abtaut. Jedes Jahr ein bisschen Schnee, gesammelt über viele tausende Jahre, ergibt auch eine ganz schöne Menge!
Warum schneit es hier bei tiefen Minusgraden so selten?
Woher kommt dann die Redewendung „zu kalt für Schnee“ und die Meinung vieler Menschen, dass es bei tiefen Minusgraden nicht mehr schneien kann? Betrachtet man nur das Wetter in Deutschland oder Mitteleuropa, ist diese Redewendung gar nicht mal so falsch. Hier lässt sich tatsächlich beobachten, dass es hauptsächlich bei Temperaturen rund um den Gefrierpunkt schneit, zwischen plus drei und minus drei Grad Celsius etwa. Wird es kälter, schneit es sehr selten.
Dieses Phänomen liegt in der geographischen Lage Deutschlands begründet. Nochmal zur Erinnerung: Damit Schnee entstehen kann, müssen wärmere, feuchte Luftschichten durch sehr kalte abgekühlt werden. Wegen der speziellen klimatischen Verhältnisse in Deutschland kommt es jedoch selten vor, dass solche Luftmassen zusammentreffen.
Unser gemäßigtes Klima im Winter wird hauptsächlich von zwei Luftströmungen beeinflusst. Erstens von der atlantischen Luftströmung aus dem Westen, die mildere, feuchte Luft zu uns bringt. Zweitens von der kontinentalen aus dem Osten, die kalte und trockene Luft vom Festland mit sich bringt. Tiefdruckgebiete über Deutschland leiten die atlantische Luft zu uns. Das wirkt sich in milden Temperaturen um den Gefrierpunkt und wechselhaften Wetterlagen aus, während der es häufiger schneit oder regnet.
Damit es in Deutschland richtig klirrend kalt wird, ist ein anhaltendes Hoch nötig, das über längere Zeit kalte Luft aus dem Osten zu uns bläst. Erst dann gibt es bei uns Temperaturen von minus zehn Grad und mehr. Zu diesem Zeitpunkt wurde allerdings schon die wärmere, feuchte Luft aus dem Westen komplett verdrängt und unsere Luft ist äußerst trocken. Es ist kein Wasser mehr da, um Schnee zu bilden. Die Wahrscheinlichkeit, dass es schneit, ist aufgrund dieser speziellen Klimaverhältnisse recht gering. Es ist wirklich umgangssprachlich „zu kalt für Schnee“.
In anderen Klimazonen der Welt, wo warme und sehr kalte Luftmassen öfter aufeinandertreffen, gilt diese Aussage aber eben nicht. Und am Beispiel der Antarktis und anderer Polarregionen lässt sich zweifelsfrei beweisen: Es ist nie zu kalt für Schnee.
Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?
[ratings]Lesenswertes aus dem Magazin:
Hilfreiche Technik-Ratgeber: